Faszientraining für Läufer

Faszientraining für Läufer: Was sind Faszien, wie lassen sie sich trainieren und steigert das die Leistungsfähigkeit? Oder ist die Hype um die Faszien völlig überzogen?

Bevor wir uns mit dem Thema Faszientraining für Läufer beschäftigen zunächst eine kurze Einleitung: Was genau sind Faszien überhaupt?
Der Begriff Fascie kommt vom lateinischen fascia was so viel wie Band bzw. Bandage bedeutet. Genauer gesagt werden unter Faszien die Weichteil-Komponenten des Bindegewebes verstanden. Es werden drei Arten von Faszien unterschieden: die oberflächlichen Faszien, die tiefen Faszien sowie die viszeralen Faszien. Da „Bindegewebe“ aber für viele eher nach Orangenhaut klingt, macht sich der Begriff Faszie einfach besser.

Gut und schön – doch worum geht es beim Faszientraining? Dabei wird mit einer speziellen Rolle trainiert und auf diesem Wege soll – so die feste Überzeugung der Anhänger des Faszientrainings – das Bindegewebe geschmeidig gehalten werden. Kritiker hingegen bemängeln, dass vornehmlich die Anbieter profitieren: vom Verkauf der Faszienrollen bis hin zu Kursen rund um das Faszientraining.

Faszientraining für Läufer

Wie funktioniert das Fazientraining?

Jedes Fitnessstudio, das etwas auf sich hält, bietet Faszienkurse an oder verfügt zumindest über Faszienrollen. Dabei handelt es sich um Rollen aus Hartschaumstoff mit unterschiedlich stark strukturierter Oberfläche. Sie sind im Discounter bereits für um die 10 Euro erhältlich, im Fachhandel kosten sie circa das Zwei- bis Vierfache. Beim Faszientraining gleitet man mit dem Körper über die Faszienrolle und massiert das Bindegewebe bzw. die Fasern rund um die Muskulatur. Die Hersteller von Faszienrollen und die Kursanbieter versprechen, dass der Körper dadurch beweglicher und straffer wird. Rückenschmerzen sollen auf wundersame Weise verschwinden und Sportler steigern auf diesem Wege ihre Leistung.

Wissenschaftliche Belege für den Erfolg des Faszientrainings fehlen

Eine behauptete oder tatsächliche Leistungssteigerung klingt zunächst einmal sehr gut. Wissenschaftliche Studien oder Belege für diese Behauptung gibt es allerdings bisher nicht. Forscher haben in verschiedenen Studien versucht, die positive Wirkung des Faszientrainings auf die sportliche Leistungsfähigkeit zu beweisen – bisher erfolglos.

Erhöht das Faszientraining die Leistungsfähigkeit?

Japanische Forscher berichteten auf der zweiten internationalen Faszien-Konferenz, dass federnde Bewegungen erst durch die Elastizität der Faszien möglich werden. Allerdings findet ein Faszientraining nicht nur dann statt, wenn du Beine, Po, Rücken oder Arme über eine Faszienrolle gleiten lässt. Auch bei ganz normalen altmodischen Turnübungen findet automatische ein Faszientraining statt. Beim Seilspringen werden die Faszien ebenfalls trainiert – ganz ohne teure Faszienrolle oder -Kurse.

Sportler kommen zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen bei der Bewertung ihres Faszientrainings. Während die einen der Ansicht sind, ihre Muskeln würden sich durch das Training weicher und geschmeidiger anfühlen, haben andere das Gefühl, dass sich ihre Leistungsfähigkeit durch das Faszientraining verschlechtert hat und das Gewebe empfindlicher geworden ist.

Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule in Köln ist der Auffassung, dass der Mensch „als ganzes System und nicht nur als Faszie“ funktioniert. Er weist darauf hin, dass es darum geht, den gesamten Körper zu trainieren: „Wer seine Muskeln schon immer dynamisch gedehnt hat, der hat keine Probleme mit seinen Faszien“, sagt Ingo Froböse.

Bei der Massage durch Faszienrollen – so weh sie tun kann – erreichst du nur die oberflächlichen Teile des Bindegewebes. Auf diesem Wege lassen sich Verklebungen im Bindegewebe nicht nachhaltig lösen. Das kann ein Masseur wesentlich besser.

Faszientraining für Läufer und andere Sportler

Ganz anders hingegen präsentiert sich die Einschätzung auf Portalen wie Fit for Fun. Liest man deren Artikel, so mutiert das Faszientraining zum reinsten Jungbrunnen. Im Artikel ist von „Allekönner Faszien“ die Rede und der Leser wird darüber aufgeklärt, warum Kängurus – auch Dank der Faszien – mehr als zwölf Meter weit springen können.

Weiter geht es mit der Aussage: „Wer jung bleiben will, trainiert seine Faszien.“ „Laut Faszien-Forscher Schleip, der an der Universität Ulm arbeitet, sind wir so alt wie unser Bindegewebe – wer jung bleiben möchte, sollte sein Netzwerk kräftigen.“ […] „Faszientraining ist ein Jungbrunnen, da es die kollagenen Fasern erneuert und das Bindegewebe strafft“, erklärt auch Pilates-Ausbilderin Britta Brechtefeld.

Dabei handelt es sich allerdings Aussagen von Robert Schleip, dem (Mit-) Begründer des Fazientrainings sowie einer Trainerin, die beide per se ein reges Interesse daran haben, an die Wirksamkeit des Faszientrainings zu glauben. Fit for Fun schreibt im Zusammenhang mit der Bewertung verschiedener Faszienrollen durch die Zeitschrift Ökotest selbst:

„Faszientraining ist bereits länger angesagt, die Zeitschrift Ökotest hat die Trainingsgeräte 2016 getestet. Wegen mangelnder wissenschaftlicher Beweise für den Nutzen bewertet sie keine der 16 Massagerollen besser als ausreichend.“ 

Diese Aussage steht in einem gewissen Widerspruch zu den euphorischen Beschreibungen und vollmundigen Versprechungen im Rahmen des Artikels.

BLÄTTERN INNERHALB DER AKTUELLEN RUBRIK

  • VORHERIGE SEITE
  • NÄCHSTE SEITE