Halbmarathonteilnahme am Garlstedter Heidelauf
Mein erster Halbmarathon, der „Garlstedter Heidelauf“
„Aufstehen! Der Wecker hat bereits geklingelt!“, sagte Stephan und ich sah mich benommen um. Ich hatte vom Laufen geträumt! Ja, heute war der große Tag. Heute lief ich meinen ersten Halbmarathon!
Dieses Mal war ich bei Weitem nicht so aufgeregt, wie beim letzten Wettkampf. Wir fanden auch sofort die Kaserne, wo der Lauf anfangen und enden sollte. Der Rest war ein Kinderspiel.
Langsam bekam ich ein wenig Selbstvertrauen und somit war ich ziemlich weit vorne beim Start, weil hinter uns noch die Walker und Geher zeitgleich gestartet sind. Ich fühlte mich dort vorne unsicher.
Gleich zu Beginn des Laufes schaltete ich auf reine Mundatmung, was mir gut tat. Nach einem Kilometer überholte mich ein älterer Mann, dem sich ein junges Kerlchen zugesellte. Ich dachte mir: „Opa mit Enkel. Da wird Opa schon aufpassen, dass der Enkel ins Ziel kommt. Glück muss man haben - den Beiden schließt du ich an.“
Ist schon komisch, aber ich schaffe es nicht, mir Feindbilder aufzubauen, gegen die ich laufen könnte, sondern ich sah immer nur Freunde, an die ich mich dann dranhefte.
Nach einiger Zeit (ich hatte mehrere Kilometer-Anzeige-Schilder übersehen) wurde der Opa langsamer, aber der Enkel behielt das Tempo bei. Also kannten die sich doch nicht. Ich blieb bei dem Bürschchen. Wie viele Kilometer war ich jetzt gelaufen? Ich suchte ein Schild, erkannte aber die Kilometeranzeige nicht. Beim nächsten Schild dachte ich, ich wäre sechs Kilometer unterwegs und erschrak! Vier! Es waren nur vier Kilometer! Ein Blick auf die Uhr: 20,xx Minuten! Aber nach vier Kilometern lief es sich wirklich noch gut. Die Atmung war sogar sehr gut! Also behielt ich das Tempo bei.
Die Strecke führte übers Land an Bauernhöfen vorbei in ein Dorf. Entsprechend war die Stimmung: Es war keine da, weil keine Menschen da waren. Die wenigen (Soldaten als Streckenposten und Anwohner am Zaun) guckten nur. Kein Klatschen. Kein Hallo. Aber auch die Läufer schienen mir stur zu sein. Ich grüßte also Streckenposten wie Anwohner immer freundlich und bekam als einziger ein Feedback. Da ich an den Streckenposten vier Mal vorbei kam und vier Mal grüßte, feuerten manche mich beim letzten Mal sogar an. Auf dem Rückweg der ersten von zwei Runden ging es deutlich bergauf und teilweise merkte ich meine Pumpe schon.
Aber all diese Steigungen waren kein Vergleich zu meinem legendären 10-Kilometerlauf vom 16.04..
So kam ich nach 10 km und 52 Minuten ohne Zwischenfälle an der Kaserne an, drehte eine Wendeschleife und lief die zweite Runde. Bei dem ersten Kilometerschild kam ich ins Grübeln: Wenn hier 1 Kilometer drauf stand, dann waren es doch jetzt nicht 11 Kilometer, sondern 12 Kilometer, oder? Augenblick mal: Ich war 10 km in 52 Minuten gelaufen??? Da war ich bei meinem letzten Wettbewerb völlig K.O.! Und jetzt fühlte ich mich immer noch bombastisch! Bei Kilometer 12 (oder war es 13... oder 14?) überholte mich der alte Mann auf einmal wieder. Dieser Haudegen! Hatte ich mich doch nicht in ihm getäuscht.
Ich heftete mich an seine Fersen und wir überholten einige Läufer, aber ich konnte machen, was ich wollte: Er vergrößerte den Abstand!
Der Mann schien mit jedem Meter schneller zu laufen. Bei Kilometer??? kontrollierte ich meine Zeit und erschrak: Der gute Mann wurde nicht schneller... ich wurde langsamer!
Nun kam wieder die ansteigende Strecke und wieder einmal errechnete ich irgendwelche Distanzen und Zeiten, bekam aber nie ein Ergebnis. Ich stellte mir sogar einmal die Frage, wie weit ein Halbmarathon ist. Waren das jetzt 21 oder 21,5 km? Ab Kilometer 17 (so hoffte ich doch) wurde es besser, denn jetzt berechnete ich nur noch die Restzeit (wenn ich denn 6 Minuten pro Kilometer laufen würde). Mit jedem Kilometer wurde ich mir sicherer, dass ich unter zwei Stunden bleiben würde.
Ab Kilometer 19 hatte ich dann den Gedanken: „Hey, du bleibst locker unter zwei Stunden und das Laufen fällt dir jetzt so schwer. Laufe doch einfach mal langsamer. Du könntest sogar mal gehen. Es ist niemand hinter dir in Sichtweite und den alten Mann holst du nicht mehr ein.“
Und dann hörte ich meinen Lauffreund: „Du wirst eine gute Zeit laufen.“
Gott, und ich lief weiter, weil ich eine gute Zeit laufen wollte. Diesen Satz hörte ich bis 500 Meter vor dem Ziel.
Auch hier waren wenig Menschen und es demotivierte echt, dass keiner klatschte oder so. Als ich ins Ziel lief, sagte der Sprecher meine Zeit und machte sofort weiter mit der Preisverleihung (und ich war nicht der Letzte!). Das war echt schlecht. Ein Glücksgefühl wie beim letzten 10-Kilometer-Wettkampf kam nicht auf. So ruhte ich mich fünf Minuten aus und wir fuhren nach Hause. Im Auto dachte ich über meine Zeit nach und wurde sehr stolz auf mich. Sehr stolz.
Meine Zeit: 1 Stunde 54 Minuten 17 Sekunden!