Trainingslauf am 20.03. zum Bremer Halbmarathon am 20.05.
Die ersten Minuten waren überwältigend, weil mir die Sonne ins Gesicht schien.
Mein Bein tat weh, aber es ließ sich aushalten. Wieder verspürte ich den Drang, mit geschlossenen Augen laufen zu wollen. Ich sollte mir dafür mal zwei Läufer schnappen, die mich führen. Da meine Beckenstellung und Schulterhaltung bereits von Natur aus richtig sind und ich mich nur bei der Armhaltung zur Disziplin aufrufen muss (die sind nie parallel zum Körper), probiere ich heute mal die Koordination „Schulter-zum-Bein“ aus.
Also Schulterbewegung über das Becken bis zum Fuß. Der Rhythmus dabei lautet: Schulter - Becken, Becken - Schulter, Schulter - Becken, Becken - Fuß, Fuß - Becken, Becken - Schulter, Schulter - Fuß, Schulter - Fuß, Fuß - Schulter.
Nur nicht aus dem Takt kommen!
Das ist so leicht! Das ist so harmonisch! Das ist so selbstverständlich! Mir kommt der Gedanke, dass es sich von alleine läuft. Was mache ich hier eigentlich noch? Irgendwann fällt man aber wieder in seinen alten Trott. Warum nur? Ich finde es heraus:
Mein Arme arbeiten wieder nicht parallel. Sobald ich die Hände auseinander dirigiere, kommt der Schulter-Fuß-Rhythmus von alleine. Es ist total witzig:
Hände zusammen = trott, trott
Hände auseinander = lauf, lauf
Ich spiele immer und immer wieder damit.
20. Minute
Die Herzfrequenz (=HF) liegt konstant bei 154, was eindeutig zu hoch ist.
Allerdings laufe ich geschätzte 8 km/h. Ich entscheide mich gegen meine HF und laufe so weiter. Mein Bein tut jetzt noch mehr weh und ich habe sowieso schon Angst, bald aufhören zu müssen. Bevor es soweit ist, möchte ich möglichst im Ziel sein. Irgendwie muss ich auch zuviel an meiner Atmung arbeiten. Witzig sind die vielen anderen Läufer, die total gebeugt laufen und schwitzen. Ich selbst fühle mich gut. Da ist so ein Tier in mir, das loslaufen möchte.
Irgendwie warte ich nur darauf, endlich losgelassen zu werden. Speed geben, ja das will ich. Und ich freue mich darauf, Anfang April laut Trainingsplan „10 km so schnell, wie Sie können“ zu laufen. Mich hat es eigentlich nie gelangweilt, konstante Geschwindigkeiten zu laufen. Aber jetzt, wo man erkennt, was der Körper leisten kann, reizt mich schon, es auch auszuprobieren.
40. Minute
Ich muss mein Becken zum ersten Mal ermahnen. Die Haltung hatte nachgelassen. In den nächsten 60 Minuten passiert mir das noch weitere 2 Mal. Aber damit habe ich gerechnet, finde meine Leistung sogar gut. Dann stört mich auf einmal etwas im rechten Fuß. Schuh ausziehen, nachsehen, nichts finden, Schuh anziehen, loslaufen, wieder der Fremdkörper, Schuh lockern, Fremdkörper lässt nach (nach dem Laufen stelle ich fest, dass es eine Naht ist, die mich stört, wenn ich die Schuhe zu fest zuschnüre).
Jetzt stelle ich auch fest, das mein linkes Bein so gut wie gar nicht weh tut!
60. Minute
Komisch, aber erst jetzt finde ich meinen Rhythmus. Ich merke, wie meine Bewegungen flüssiger werden, mein Atem harmonischer, alles weicher wird. Kontrollen an Becken, Schulter, und Co. lassen auf eine korrekte Körperhaltung schließen. Ich komme jetzt zu mir selbst, verliere mich in Gedanken. Ich glaube, das ist der Moment, wo ich das Meiste vergesse, was ich mir in den vorangegangenen Minuten unbedingt merken wollte.
85. Minute
Meine HF ist jetzt auf 149 runter, Tendenz sinkend. Es geht doch! Gedankenblitz! Da rechne ich doch glatt 100 Minuten so um, dass eineinhalb Stunden dabei herauskommen! Ich bin kurz vor meinem Heimatstall und muss noch 15 Minuten laufen. Manchmal bin ich einfach ein Dummerchen. Manchmal. So wie gerade jetzt in diesem Moment. Ich laufe vorbei und drehe noch zwei lustlose Runden. Nach 97 Minuten ist es geschafft.
Strecken, Dehnen, Duschen, Magnesium, Schmerzgel zur Sicherheit.An diesem Sonntag geht es mir einfach nur noch gut!