Trainingstagebuch per App

Sein Lauftagebuch per Smartphone und App führen

Du führst dein Trainingstagebuch komfortabel per App und dein Smartphone ist treuer Begleiter bei jedem Lauf? Was kann mit deinen Daten alles passieren, wie ist es um den Datenschutz bestellt? Das solltest du wissen und beachten.

Die Möglichkeit, sein Trainingstagebuch per Smartphone automatisch zu führen, ist inzwischen nicht mehr neu. Dazu muss lediglich die kostenlose Anwendung (App) installiert, GPS eingeschaltet und das Smartphone beim Joggen mitgeführt werden. Die App erfasst dann alle wichtigen Daten. Beispielsweise die gelaufene Zeit sowie Distanz, die Laufgeschwindigkeit, die Anzahl der Schritte usw.

Abgespeichert werden die Daten auf einem Server. Hier liegen sie sicher, auch wenn das Smartphone einmal defekt sein sollte. Ist das so?

Vielen Benutzern ist dabei nicht bewusst, dass die Apps zwar kostenlos sind, ihre Verwendung ab seinen Preis hat. Denn wenn die persönlichen Daten nicht mehr der eigenen Kontrolle unterliegen, sondern in die Hände Dritter gegeben werden, so entzieht sich ihre Verwendung der Kontrolle.

Trainingstagebuch App

RUNNING LIFE bietet seit dem Jahre 2005 ein kostenloses Trainingstagebuch an und ist damit zu einem Zeitpunkt gestartet, an dem die erste Trainings-App noch in ferner Zukunft lag. Auch bei unserem Trainingstagebuch müssen die Laufdaten in einer Datenbank gespeichert werden, damit hunderttausende von Laufeinträgen sowie Millionen von Laufkilometern verwaltet werden können. Von Anfang an war uns dabei der Datenschutz extrem wichtig. Jeder Nutzer des Trainingstagebuchs hat bei RUNNING LIFE die Sicherheit, dass seine Daten gut aufgehoben sind und weder verkauft noch an Dritte weitergegeben werden. Eigentlich sollte dies eine Selbstverständlichkeit sein, die nicht extra betont werden muss. Traurig genug, dass eine solche Zusicherung heutzutage fast schon ein Alleinstellungsmerkmal darstellt.

Trotz der tollen Features und umfangreichen Diagrammfunktionen mag auf manchen jungen und modernen Läufer unser Online-Lauftagebuch vielleicht etwas altbacken wirken. Ist es aber trendy, seine Daten freiwillig aus der Hand zu geben und sich zum gläsernen Benutzer zu machen? Selbst wenn der Anbieter der Lauf-App die Daten (noch) nicht weitergibt, so stehen die für die Laufstreckenauswertung benötigten Geo-Daten auch Google (Android-Systeme) bzw. Apple (iPhone) zur Verfügung und werden fleißig gesammelt und ausgewertet.

„Es ist mir doch egal, ob jemand Informationen über mich hat – ich habe nichts zu verbergen!“

„Ich bin viel zu uninteressant, als dass sich Google, Facebook oder andere Anbieter für mich interessieren würden. Bei der Vielzahl an Benutzern gehe ich doch völlig unter!“

Immer wieder äußern sich Bekannte so oder ähnlich. Dabei sind die persönlichen Daten für die Anbieter Gold wert. Gemäß seinem Börsenwert ist Google 330 Milliarden Euro wert und damit mehr als drei Mal so viel wie die Automarke Daimler („Mercedes“), die es „nur“ auf 96 Mrd. Euro bringt. Auch Facebook ist mit einer Marktkapitalisierung von 174 Mrd. Euro deutlich mehr wert als der globale Autobauer. [Stand der genannten Marktkapitalisierungsdaten: 10.03.2015]

Auch wenn viele Menschen sich selbst für zu unwichtig halten oder meinen, nichts zu verbergen zu haben, so sehen Wirtschaftsexperten und Börsianer offenbar in diesen personenbezogenen Daten einen sehr hohen Marktwert. Anders lassen sich vorgenannte Börsenkurse nicht rechtfertigen.

Was kann passieren, welche Gefahren bestehen?
Zunehmend versuchen auch die Medien die Benutzer für den verantwortungsbewussten Umgang mit ihren persönlichen Daten zu sensibilisieren. Gestern (am 09.03.2015) hat sich einmal mehr die Sendung Wiso des Themas angenommen. Das brachte uns von RUNNING LIFE zugleich auf die Idee, diesen Artikel zum Thema zu verfassen, denn beim Wiso-Beitrag ging es um das Lauftraining mit Smartphone und App.

Der Wiso-Beitrag kann hier eingesehen werden. Allerdings sind die Informationen in der Textfassung deutlich knapper gehalten, als im Fernsehbeitrag. Im wesentlichen ging es darum, dass es in vielen Ländern bereits Gang und Gebe ist, die Höhe des Krankenkassenbeitrags danach zu berechnen, wie gesund und sportlich aktiv das Mitglied ist. Wer regelmäßig laufen geht und etwas für seine Gesundheit tut, der wird mit einem niedrigeren Beitrag belohnt. Wer hingegen sportlich inaktiv ist, der wird mit einem höheren Krankenkassenbeitrag bestraft. Was für passionierte Läufer auf den ersten Blick vielleicht gut und gerecht klingt im Sinne von „wer etwas für seine Gesundheit tut, soll auch dafür belohnt werden!“, hat auf den zweiten Blick seine Tücken.

Das System der Krankenkassen in Deutschland basiert auf Solidarität. Dabei tragen die gesunden Menschen ihren Teil dazu bei, die Kranken zu unterstützen. Und das ist nach Meinung vieler Gesundheitsexperten auch gut so. Denn auch gesunde Menschen können chronisch krank werden oder einen Unfall haben, der ihnen künftig sportliche Tätigkeit unmöglich macht. Wenn das beispielsweise einem engagierten Läufer passiert, so stünde er plötzlich auf der anderen Seite der Bewertungsskala der Krankenkassen. Dann wäre er sicherlich froh, die erforderlichen Therapien bezahlt zu bekommen und nicht noch zusätzlich über einen hohen Krankenkassenbeitrag für seine sportliche Inaktivität abgestraft zu werden.

Läufer, die ihre Laufdaten per App an die Krankenkassen übermitteln, könnten sich zwar über niedrigere Beitragssätze freuen. Bezahlen müssen das aber auch all diejenigen, die ihre persönlichen Daten nicht herausrücken möchten oder aus gesundheitlichen Gründen nicht mithalten können. Beispielsweise auch ältere oder gebrechliche Menschen. In den USA, in England und in Südafrika ist ein solches interaktives Krankenkassenmodell bereits realisiert worden. Hingegen ist dieses bonusbasierte System in Deutschland (noch) Zukunftsmusik. Aber erste private Krankenkassen haben bereits ein reges Interesse daran signalisiert. „Die Generali-Versicherung denkt […] laut über einen Vital-Tarif auch hierzulande nach“, wusste Wiso zu berichten. Wiso hat sich um ein Interview mit der Generali-Versicherung zu diesem Thema bemüht, allerdings keins erhalten.

Die Barmer GEK sowie AOK Nordost bieten gemäß Wiso im App-Store bereits Fitness-Apps an, fordern aber noch keine Daten von ihren Mitgliedern ab.

Welche Möglichkeiten solche Apps noch alles bieten, dazu wurde im TV-Beitrag ein Mann interviewt, der jahrelang in den USA gelebt hat und sich über seine hohen Krankenkassenbeiträge gewundert hatte. Sie waren viel höher als die seiner Kollegen. Auf Nachfrage hatte er erfahren, dass er nicht bzw. zu wenig in sozialen Netzwerken wie Facebook und co. aktiv wäre. Da die Versicherung somit zu wenig über ihn wusste, galt er als Risiko-Versicherter.

Er berichtetet zudem in welcher Form Mitarbeiter-Apps die Unternehmensangestellten zu gläsernen Benutzer machen. So wären in seinem Unternehmen die Toiletten mit speziellen Analysegeräten ausgestattet gewesen, die eine Harnstoffprobe analysieren können. Die Identifikation erfolgt über die Smartphone-App der Angestellten. So wäre es möglich, beispielsweise die Schwangerschaft einer Mitarbeiterin festzustellen, bevor sie es überhaupt selbst weiß, und ihr so rechtzeitig vorher kündigen zu können. Es ist anzunehmen, dass auch diese Mitarbeiterin vermutlich nichts zu verbergen hat. Außer vielleicht den „Fehler“ gemacht zu haben, schwanger zu werden. Wenn Arbeitgeber ihre Angestellten aber erst einmal dazu zwingen können, solche Apps benutzen zu müssen, bleibt ihnen kaum noch eine Möglichkeit, sich dagegen zu wehren.

Bei der Recherche haben wir keine Belege gefunden, ob das zuvor geschilderte Szenario bereits wirklich Realität ist. Technisch machbar dürfte es aber wohl sein oder in nicht allzu ferner Zukunft möglich werden. Wenn Smartphone-Apps erst einmal unsere persönlichen Daten und Informationen zum medizinischen Gesundheitszustand an Krankenkassen übermitteln, ist es schnell vorbei mit der solidarischen Gemeinschaft. Du bist wochenlang nicht gelaufen, weil dich Achillessehnenbeschwerden daran gehindert haben? Und – zack! – der Beitrag wird hochgestuft. Der unregelmäßige Puls lässt auf mögliche Herzrhythmusstörungen schließen? Kein Problem – das lässt sich über einen höheren Beitrag regeln, schließlich steigt das Risiko für die Krankenversicherung. 42,195 Kilometer Laufstrecke lassen eine Marathonteilnahme vermuten? Risiko-Versicherter! Denn einen Marathon vorzubereiten ist zwar gesund, eine solche Strecke zu laufen aber weniger. Und wenn es erst einmal die Möglichkeit geben sollte, weitere Erkrankungen wie Diabetes über die Hautspannung (oder auf welchem Wege auch immer) ermitteln zu können, kennt die Krankenversicherung die Diagnose vielleicht schon vor der betroffenen Person. Wie sagte Shakespeare so treffend in „der Sturm“?:
„Schöne neue Welt, die solche Bürger trägt!“


Fazit

Selbstverständlich sind wir alle ehrlich und haben nichts zu verbergen. Aber auch für die Ehrlichen und Aufrichtigen können massive Nachteile entstehen, wenn Dritte zu viele Informationen über sie sammeln können. Wir von RUNNING LIFE sind ein Gegner von Datensammlungsmodellen, die private Daten gegen den Betroffenen verwenden. Zwar müssen wir aus technischen Gründen eure Daten ebenfalls in einer Datenbank speichern, wenn ihr das Lauftagebuch nutzt. Aber wir nutzen die Daten weder kommerziell, noch geben wir sie an irgendjemanden weiter. Und es ist auch nicht erforderlich, dass Geodaten an Google oder Apple übermittelt werden. Vielleicht mag unser Trainingstagebuch auf manch coolen App-Nutzer etwas altmodisch wirken. Es hat aber auch in dieser schönen neuen Welt seine Vorzüge.

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