Strandlauf in Marokko

03.02.2006 Agadir – Strandlauf
Als sie mich überholte, brachen sich die Wellen gleichgültig gegen den Strand. In lockerem Tempo und an nichts Böses denkend, bemerkte ich, wie sie mich links liegen ließ. Nennen wir sie Hasna, ihr richtiger Name ist an dieser Stelle nicht so wichtig. Hasna also. Auf der Überholspur (nämlich vorschriftswidrig zu meiner Rechten) und das genau in dem Moment, wo ich mich unentschlossen fragte, ob ich eine Gruppe von drei Männern, die forsch nebeneinander herliefen, überholen sollte.   

Laufen in Marokko

Ein kniffeliges Problem, da sie zwar etwas langsamer liefen als ich gerade selbst unterwegs war, andererseits doch so flott, dass ich sie nicht auf Teufel komm raus im Nacken haben wollte.
Ich grübelte also beschaulich vor mich hin, als ich Hasnas Seitenblick bemerkte, die mit einem bezaubernden Lächeln ausgestattet und einem Funkeln ihrer Augen in geschätztem 4:15er Schnitt an mir vorbeizog. Im Training. Am Sandstrand. Sie wirkte weder besonders angestrengt noch außer Atem, während ich mir prüfend über die Stirn fuhr, um verstohlen den leichten Schweißfilm wegzuwischen.

Mich zähneknirschend am Riemen reißend („lass sie ziehen... lauf Dein Tempo... es ist nicht das Ende aller Dinge von jemandem überholt zu werden, der dir bestenfalls bis zur Schulter reicht, genau genommen nicht einmal bis dahin, das können doch unmöglich mehr als 155 Zentimeter Körpergröße sein, wenn mich mein geschultes Auge nicht täuscht...“) versuchte ich mein Tempo beizubehalten, während ich aus zusammengekniffenen Augen beobachtete, wie sie nun dazu ansetzte, die Männergruppe vor mir zu überholen.
Sie musste wohl gespürt haben, wie mein neidischer Blick sich in ihren Rücken bohrte, oder durfte ich etwa so vermessen sein anzunehmen, sie wollte einen faszinierten zweiten Blick auf mich werfen? Unwahrscheinlich. Bleiben wir doch sachlich...

Wieder dieses honigsüße Lächeln („fang’ mich doch, du kriegst mich nie!“). Fasziniert beobachtete ich, wie die Männergruppe vor mir – nachdem Hasna sie überholt hatte - schneller wurde und so den Abstand zu ihr weit gehend konstant hielt – zumindest eine kleine Weile lang. Komischer Weise entfernten sich die vier dabei nicht nennenswert von mir. Mich streng zur Ordnung rufend zwang ich mich langsamer zu laufen. Als wäre dies das Stichwort gewesen, machte Hasna eine 180° Wende und lief zurück. Warum gerade hier, an dieser Stelle, war nicht näher zu ergründen. Es gab keinerlei ersichtlichen Markierungspunkt (kein Baum, keinen Felsen, nichts). Sie wendete einfach so, aus Spaß an der Freude, grinste mich beim Näherkommen ein weiteres Mal an und dann war sie vorbei.

Eins hatte sie jedenfalls erreicht:
Sowohl die Dreiergruppe als auch meine Wenigkeit waren nun merklich flotter unterwegs als zuvor. Aus nicht näher ersichtlichen Gründen hatte ich die Drei überholt und nun waren sie hinter mir her. Wir flitzten über Sand entlang der Wasserlinie bis endlich der Umkehrpunkt kam und ich mich auf den Rückweg machte. Eigentlich dachte ich nicht, ich würde Hasna jemals wieder sehen.
Aber da war sie, machte Stretching, voll erleuchtet vom Licht der Nachmittagssonne.

 

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